Weniger Müll, mehr Bürokratie? Göppinger IHK-Unternehmer kritisieren Überlegungen zu einer lokalen Verpackungssteuer
2025-07-07 HaiPress
IHK-Präsidentin Strassacker: „Wer weniger Bürokratie will,sollte über ein solches Vorhaben gar nicht nachdenken“
Auf der jüngsten IHK-Bezirksversammlung Göppingen beschäftigten sich die Unternehmer mit den Themen Bürokratieabbau und Verpackungssteuer. Dabei ging es zunächst um die Ergebnisse der aktuellen Standortumfrage für den Kreis Göppingen. Von 49 Standortfaktoren hatte der Punkt „unbürokratische Verfahren“ erneut den Spitzenplatz der Unzufriedenheit erreicht. Dieser Wert hatte sich im Vergleich zur letzten Umfrage noch einmal deutlich verschlechtert. „Wir wollen deswegen in Göppingen gemeinsam mit den Mitarbeitern des Rathauses und Unternehmern einen runden Tisch als Pilotprojekt initiieren. Das Ziel ist,konkrete Vorschläge zur Vereinfachung zu erarbeiten und das gegenseitige Verständnis zwischen Unternehmen und Verwaltung zu fördern“,berichtet Göppingens IHK-Präsidentin Edith Strassacker. Vor diesem Hintergrund hatten die Unternehmer jedoch kein Verständnis für Überlegungen der Verwaltung in Göppingen und anderen Kreiskommunen,eine lokale Verpackungssteuer einzuführen. Die bürokratische und finanzielle Lasten für Betriebe und Konsumenten seien erheblich und der Nutzen fraglich. Betroffen sei eben nicht nur die Gastronomie,sondern auch der Lebensmitteleinzelhandel,Bäckereien oder Kaffeeautomatenaufsteller in Betrieben. Die Steuer falle auch dann an,wenn der Abfall ordnungsgemäß entsorgt werde. Ein Hauptkritikpunkt ist dabei die hohe Bürokratiebelastung. Unternehmen müssen Verpackungsmengen erfassen,Steuerbeträge berechnen und zahlreiche Nachweispflichten erfüllen,was zu hohem Verwaltungsaufwand führt. In Zeiten von Entbürokratisierung und Arbeitskräftemangel erscheint diese Belastung kaum verständlich. „Wer ernsthaft weniger Bürokratie will,sollte über ein solches Vorhaben gar nicht nachdenken“,so Strassacker.
Die Einführung der Verpackungssteuer würde zudem in den Kommunen hohe Kosten verursachen,da zusätzliches Personal für Verwaltung und Durchsetzung erforderlich wäre. Die Ergebnisse des Pilotprojekts in Tübingen werfen zudem Zweifel an der Wirksamkeit der Verpackungssteuer auf. Die angestrebten Ziele,wie eine Reduzierung des Abfalls und eine sauberere Innenstadt,wurden bisher nicht erreicht. Eine Studie der Universität Tübingen zur Wirkung der Verpackungssteuer in Tübingen hat gezeigt,dass das Müllvolumen gleichblieb,während Mehrwegangebote ausgeweitet wurden. Aus Sicht der IHK wäre es zielführender,statt der Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer lieber positive Anreize für den Umstieg auf Mehrwegverpackungen zu setzen und Unternehmen sowie Verbraucher gleichermaßen miteinbeziehen,z. B. durch den Auf- und Ausbau zentraler Rückgabe- und Reinigungsstrukturen,durch Beratungs- und Schulungsangebote zum Umstieg auf umweltfreundliche Verpackungen oder durch Pilotprojekte,um die Wirksamkeit von Mehrweglösungen und die Abfallvermeidung zu testen.
Info: Laut einer IHK-Umfrage in der Region Stuttgart lehnen 77 Prozent der Betriebe die Steuer ab,da sie die neuen Dokumentationspflichten als zu belastend empfinden. Die Einführung bürokratischer Maßnahmen erfordert hohe Investitionen in Buchhaltungs- und Kassensysteme,was neben den Steuerkosten zusätzliche finanzielle Belastungen mit sich bringt. Über 70 Prozent der Unternehmen wollen auch diese Mehrkosten an ihre Kunden weitergeben. Viele Betriebe befürchten,dass Kunden Mehrwegverpackungen ablehnen und erwägen,ihr Angebot zu reduzieren oder den Take-away-Service einzustellen. Besonders betroffen wären Schüler,Azubis und Pendler,die auf eine schnelle und günstige Verpflegung angewiesen seien.
PM IHK Region Stuttgart Bezirkskammer Göppingen